„Jeder fühlt sich wohler“
Auswirkungen von Diversität auf eine positive Unternehmenskultur
Der Fokus auf Diversität kann sich fürs gesamte Unternehmen fruchtbar auswirken. Mit der Freudenberg Sealing Technologies GmbH und dem Helmholtz-Zentrum Berlin haben das zwei Organisationen erlebt – auf unterschiedliche Weise.
Jennifer Schevardo ist es seit langem ein Anliegen, dass Vielfalt in der Arbeitskultur an beiden Standorten des Helmholtz-Zentrums Berlin (HZB) in Adlershof und Wannsee noch stärker gelebt wird. Die HZB-Personalentwicklerin weiß, dass Vielfalt hilft, die Unternehmenskultur im Forschungsinstitut noch offener, gerechter und nicht zuletzt für Forschende attraktiver zu gestalten. Davon ist auch die Geschäftsführung überzeugt.
Sie wandte sich dafür an den Stifterverband, der ein Diversitäts-Audit zur Beratung von Hochschulen entwickelt und vielfach durchgeführt hatte. Nun wurde das Audit in Kooperation mit dem HZB für außeruniversitäre Forschungseinrichtungen angepasst und erstmals durchgeführt. Über die Themenschwerpunkte des Diversitäts-Audits sollten die HZB-Mitarbeitenden mitentscheiden. „Die Frage war, wie sie das annehmen würden“, erinnert sich Schevardo.
Offensichtlich mit großem Interesse: Die erste Online-Veranstaltung zählte 90 Teilnehmende. Einige sprachen die gerechtere Repräsentierung der Geschlechter an, genannt wurden auch Themen wie mentale Gesundheit, gendergerechte Sprache sowie neue Angebote fürs Onboarding internationaler Mitarbeitender.
Nach drei Veranstaltungen kristallisierten sich Schwerpunkte heraus. Einzelne Arbeitsgruppen suchten neun Monate lang nach Lösungen für die rund 1.200 Berliner HZB-Mitarbeitenden. Heraus kamen grundlegende Neuerungen, etwa Leitfäden für Auswahlgespräche, in denen diversitätsbezogene Aspekte mitberücksichtigt werden. Auch das Thema mentale Gesundheit wird in den Fokus rücken. Geplant sind Anlaufstellen, die vertraulich kontaktiert werden können. Der Stifterverband hat das HZB im November 2021 für seinen Umgang mit Vielfalt zertifiziert – an der Entwicklung von Maßnahmen zur weiteren Förderung wollen die Mitarbeitenden weiterarbeiten.
Dass Diversität eine positive Unternehmenskultur begünstigt, hat auch Nadia Novella erlebt. Als die Personalleiterin beim Dichtungshersteller Freudenberg in Adlershof anfing, spürte sie sofort, dass Mitarbeitende mit ihren jeweiligen Bedürfnissen wertgeschätzt werden, „dass der soziale Aspekt hier wirklich gelebt wird“, wie sie sagt. Bewusst achtet der Automobilzulieferer etwa auf die Rekrutierung von Frauen, in einer bis heute eher männerdominierten Branche. Aktuell beläuft sich der Anteil der Mitarbeiterinnen auf 30 Prozent.
Und vor allem heißt Diversität bei Freudenberg: Menschen mit schweren Behinderungen finden hier ihren Platz. Von den 170 Mitarbeitenden in Adlershof haben 13 Menschen eine schwere Behinderung, etwa Einschränkungen des Bewegungsapparats oder chronische Erkrankungen. Durch die zusätzliche Kooperation mit den Weißenseer Integrationsbetrieben arbeiten 20 weitere schwerbehinderte Menschen bei Freudenberg.
Auf deren Bedürfnisse möchte das Unternehmen durch speziell darauf zugeschnittene Lösungen eingehen, etwa durch sogenannte Schonarbeitsplätze und leidensgerechte Arbeitsplätze: Mitarbeitende können ihre Produktprüfungen in einem bequemen Stuhl sitzend durchführen, wenn sie etwa durch körperliche Einschränkungen oder psychische Belastungen nicht mehr im Schichtbetrieb an der Maschine arbeiten können.
Novella ist sich sicher, dass es sich beim Fokus auf Diversität um eine Win-win-Situation handelt. „Die Kolleg:innen mit schweren Behinderungen sind in den meisten Fällen sehr glücklich, dass sie ihren Platz gefunden haben, und dadurch auch loyal dem Unternehmen gegenüber.“ Und: „Andere Mitarbeitende bekommen mit, dass achtgegeben wird auf die jeweiligen Bedürfnisse – da fühlt sich jeder wohler.“
Shea Westhoff für POTENZIAL